Weiter geht's mit Rhône und Saône



Als ich am Samstag Abend in der Rue Duquesnes ankam, machte ich sofort eine Erkundungsrunde. Zum Glück war mein vorübergehendes Zuhause fast direkt an der Rhône, und so fand ich sogleich mein erstes Kinderkarussell und gleich daneben einen kleinen, feinen Markt - Käse, Baguettes, Brioches, Wein - wie man es sich halt vorstellt. Ich ging dann im Abendlicht über die Brücke auf die Presqu'île, das ist die Altstadt von Lyon, zwischen Rhône und Saône (die vielen Circonflex machen mich wahnsinnig - ich find sie nicht auf der Tastatur und muss die Namen ständig aus dem Internet kopieren - ab jetzt akzentfrei!). Dort pulsiert das Leben: die ganzen großen Markenläden sind da, die Kaufhäuser, die Prachtbauten wir Opéra, Hotel de Ville, das Museum des Beaux Arts - ich sag's euch, Wien nix dagegen. Dann die unglaubliche Renaissance-Altstadt Vieux Lyon, die sich den Hügel hinaufschleicht auf besagten Treppen, links bis zur Basilika, rechts zum Croix Rousse, wo in den riesigen hohen Häusern und in den Traboules die Seidenweber ihre Stoffe zum Trocknen aufhängten.


Ich fand Lyon so interessant, und einfach wunderschön. Die Straßen der Viertel zwischen dem neuen Bahnhof Part Dieu (klassich auch der ehemalige Bahnhof Brottaux und die Brasserie gegenüber) und der Rhône sind wie mit dem Lineal gezogen. Sie wurden im 19.Jahrhundert geplant und angelegt, um gesunden, luftigen Wohnraum zu schaffen, weil die Altstadt als ungesund und feucht galt. Hier ist im Krieg fast nichts kaputtgegangen; die schönen Wohnhäuser aus der Gründerzeit stehen in endlos langen Reihen da. Aber die Altstadt wäre in den 60er-Jahren fast einer Autobahn zum Opfer gefallen - unfassbar. Man stelle sich vor, Florenz würde gepflastert! Anstatt sie plattzumachen, wurde sie saniert und hat sich zu einer Touristenattraktion entwickelt.




Die Schutzherrinnen von Lyon sind die Goldene Madonna ganz oben auf der Basilika und die Saône, übrigens la Saône und le Rhône (wer Französisch üben will, hier ist ein informativer Eintrag, gedacht für Kinder).

In die Flüsse habe ich mich sofort verliebt, die vielen Brücken, die Schiffe, die sich am Wochenende in belebte Kneipen verwandeln - sozusagen die Lyoner Biergärten. An den Ufern sind lange Wege, wo die Leute mit Kinderwägen flanieren, Rad fahren, skaten, und laufen, laufen, laufen. Ganz Lyon scheint sich ständig auf irgendeinen Marathon vorzubereiten. Am Wochenende am Quai St.Antoine der Saône gibt es einen fabelhaften Essensmarkt, da werden sogar frittierte Frösche angeboten. Die beiden Flüsse sind genauso schön von oben wie nachts, bei Vollmond.

Wo sie nicht mehr so zauberhaft sind, ist an der Confluence, wo sie zusammenfließen. Da ist viel Industrie, und es entsteht ein neues, modernes Viertel, gekrönt vom Musée des Confluences, ein markanter Bau der nicht ganz so eingeschlagen hat wie es vielleicht vorgesehen war. Ich hab es allerdings an einem trübselig regnerischen Tag angeschaut - vielleicht ist das im Sommer alles ganz anders.

Comments

  1. ich bin fan vom 'musée de la mode et des tissus' à lyon...und von monsieur jacqard...und seinen strickmaschienen... ich folge dir gerne! liebe grüsse

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    1. Ich werde sicher wieder hinfahren,diese ganze Seidenarbeitergeschichte ist unglaublich spannend. Du hast es ja gar nicht weit dorthin? Auch liebe Grüße!

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  2. Wow! Mir gefällt Lyon auch auf Anhieb, das liegt sicher am Wasser! :-D
    (Übrigens sollte ja quer durch München – zwischen Viktualienmarkt und Altem Peter – auch eine Autobahn gebaut werden, was ein Bürgeraufstand zum Glück verhinderte, ebenso wie den Plan, München gleich ganz an den Starnberger See zu verlegen …)
    Herzliche Grüße Petra

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    1. Ach.... München am Starnberger See? Hat doch was...

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  3. tolle bilder und auch supergut reingestellt. lu

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  4. Was du reist! Es würde sich der Kauf einer Tastatur für das Tablet lohnen! Und die beste Beschreibung eines Französischlernenden findet sich im umwerfend lustigen "ich ein Tag sprechen hübsch " von David Sedaris. Die Szene mit Ostern, zum kringelig lachen. Grüsse von J. aus Z.

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  5. Ich schwelge in deinen Bildern ... so schön :-)

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  6. Wow! Da kommt man aus dem Staunen nicht mehr hinaus.
    Danke für den schönen Querschnitt.
    Herzlich, Brigitte

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  7. Tja, die schönen Promenaden am Wasser fehlen in Wien, oder sind nur in Ansätzen da und natürlich Kriegsschäden. Es ist schon großartig, wenn man denkt, wieweit die Gründerzeit das Aussehen vieler Städte bis in die heutigen Tage bestimmt, wo sich doch das Leben so stark verändert hat. Was ich dann aber an den breiten Gewässern wie an der Donau nicht so mag ist die Farbe, so deutlich unsauber, eine graubraune Brühe, nix mit blaue Donau, das scheint dort noch besser zu sein... In dieser Ecke Frankreichs war ich noch nie, eigentlich schlimm ;-)

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  8. Alle Deine Bilder sind jedes Mal ein neues Puzzle - deswegen mag ich diese so gerne - neben dem Aspekt, das es grandiose Aufnahmen sind und ich seit Jahren große Dankbarkeit empfinde Deinen blog begleiten zu können. Hier jetzt, in Frankreisch, "roch" ich die Stimmung, den Fluß, das Essen.... habe ich sehr selten. Herzlichen Dank für die Möglichkeit der Teilnahme an Deiner Reise. Chapeau.

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  9. Schöner interessanter Reisebericht! Danke.

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