2020 vision
Vor 20 Jahren war es. Ich lebte gerade noch in London, hatte keine Ahnung, dass ich das nächste Neujahr schon in unserer neuen Wohnung in München verbringen würde.
Das Haus in London, wo es im Winter durch die hölzernen Fensterrahmen zog und der Wind vom Keller durch die Ritzen im Holzboden wehte. Mann, das war kalt, trotz der Zentralheizung. Meistens kauerten wir alle im Wohnzimmer auf den Sofas um die Gasheizung herum, schauten Fernsehen und quatschten durcheinander - nie konnte man Filme wirklich verfolgen, weil immer irgendjemand einen Kommentar dazu hatte.
Wir waren eine große glückliche Familie. Wir waren eine langlebige, gut etablierte Wohngemeinschaft, wir hatten seit 25 Jahren in leicht veränderter Zusammensetzung zusammen gelebt, wie eine wahlverwandte Familie. Wir kochten zusammen, oft, kauften zusammen ein, stritten ums Putzen und um Geld, hin und wieder, und hatten mindestens zweimal jährlich fabelhafte Feste. Halloween: als Skelette und Gespenster und Bräute Draculas verkleidet, ich hatte im Waterlow Park trockene Blätter gesammelt und in einem Sack heimgebracht, die wurden im Tanzzimmer auf dem Boden gestreut - nie hatte es am nächsten Morgen besser gerochen (Damals wurde noch geraucht)!
Was erzähle ich da? Vor 20 Jahren war Millennium, und Wochen vorher hatten wir alle Pläne gemacht: wir würden unser Haus ganz teuer an irgendwelche Touristen vermieten und hätten ausgesorgt! Mein Freund Danny organisierte die größte Party aller Zeiten, Geld scheffeln... Und im übrigen würden alle Computer um 12 Uhr aufhören zu funktionieren, keine Beleuchtung, keine Heizung...
Nichts davon trat ein. Wir feierten zu sechst, daheim, ohne reiche Touristen. Die Party war ein Flop, niemand ging aus, alle erwarteten das Ende der Zivilisaton. Wir wanderten auf den Parliament Hill um das sensationellste Feuerwerk ever zu erleben. Es war neblig und bewölkt, und niemand sah etwas.
Aber eine Pfundsgaudi war der Abend.
Und das wünsche ich euch heute abend auch. Eine Pfundsgaudi und einen guten Rosch Haschana.
20 years ago today, I still lived in London, just about. I didn't know yet that my next New Year's Eve would be my last London one. We lived in this big draughty house, where the wind blew in through the window frames and the floorboards. In winter we mostly huddled on the sofas around the gas fire, talking through every TV programme we watched, there was always a comment to be made.
We were a big happy family. We were a long-standing, well-organised communal household, for 25 years we had been living together in slightly changing groupings, a bunch of selective affinities. We cooked together, shopped communally, bickered occasionally about cleaning and money and hosted some of the best parties I have known. Halloween, dressed up as skeletons, ghosts and Dracula's brides - I had collected a bag full of leaves in Waterlow Park and spread them on the floor of the designated dancing room. The room had never smelt better the morning after (we were still smoking in those days...)
Why am I talking about this? 20 years ago was Y2K, the millennium. Everyone was hatching plans to cash in on the event - renting our house to rich oil sheiks, throwing the biggest ever party to make loadsamoney. Anyway, at midnight, all computers would break down and take civilisation as we knew it down with them, all programmers were working overtime or on call...
None of this happened. We celebrated with a beautiful dinner, six of us, no rich tourists in sight. The party was a flop, because everyone was staying at home. At midnight, we walked up to Parliament Hill to see the most spectacular fireworks London had ever seen. Thick fog, clouds, we saw nothing.
We had the time of our lives.
And this is what I wish you all - have the best new year's eve - ever, wherever.
Happy 2020, keep healthy.
"The arteries of the hand&arm that write lead straight into the heart, I was thinking last week in California, ot seeing then that through writing it's also possible to revisit a ghost of your past self, as if at least the shell of who you were fifteen years ago can somehow be recalled."
Chris Kraus, I love Dick
Das Haus in London, wo es im Winter durch die hölzernen Fensterrahmen zog und der Wind vom Keller durch die Ritzen im Holzboden wehte. Mann, das war kalt, trotz der Zentralheizung. Meistens kauerten wir alle im Wohnzimmer auf den Sofas um die Gasheizung herum, schauten Fernsehen und quatschten durcheinander - nie konnte man Filme wirklich verfolgen, weil immer irgendjemand einen Kommentar dazu hatte.
Was erzähle ich da? Vor 20 Jahren war Millennium, und Wochen vorher hatten wir alle Pläne gemacht: wir würden unser Haus ganz teuer an irgendwelche Touristen vermieten und hätten ausgesorgt! Mein Freund Danny organisierte die größte Party aller Zeiten, Geld scheffeln... Und im übrigen würden alle Computer um 12 Uhr aufhören zu funktionieren, keine Beleuchtung, keine Heizung...
Nichts davon trat ein. Wir feierten zu sechst, daheim, ohne reiche Touristen. Die Party war ein Flop, niemand ging aus, alle erwarteten das Ende der Zivilisaton. Wir wanderten auf den Parliament Hill um das sensationellste Feuerwerk ever zu erleben. Es war neblig und bewölkt, und niemand sah etwas.
Aber eine Pfundsgaudi war der Abend.
Und das wünsche ich euch heute abend auch. Eine Pfundsgaudi und einen guten Rosch Haschana.
20 years ago today, I still lived in London, just about. I didn't know yet that my next New Year's Eve would be my last London one. We lived in this big draughty house, where the wind blew in through the window frames and the floorboards. In winter we mostly huddled on the sofas around the gas fire, talking through every TV programme we watched, there was always a comment to be made.
Why am I talking about this? 20 years ago was Y2K, the millennium. Everyone was hatching plans to cash in on the event - renting our house to rich oil sheiks, throwing the biggest ever party to make loadsamoney. Anyway, at midnight, all computers would break down and take civilisation as we knew it down with them, all programmers were working overtime or on call...
None of this happened. We celebrated with a beautiful dinner, six of us, no rich tourists in sight. The party was a flop, because everyone was staying at home. At midnight, we walked up to Parliament Hill to see the most spectacular fireworks London had ever seen. Thick fog, clouds, we saw nothing.
We had the time of our lives.
And this is what I wish you all - have the best new year's eve - ever, wherever.
Happy 2020, keep healthy.
"The arteries of the hand&arm that write lead straight into the heart, I was thinking last week in California, ot seeing then that through writing it's also possible to revisit a ghost of your past self, as if at least the shell of who you were fifteen years ago can somehow be recalled."
Chris Kraus, I love Dick
Liebe Ilse,
ReplyDeleteschön dieser Rückblick in dein früheres Leben. Und dieses "life is what's happening while your busy making other plans".
Kommt mir gerade bekannt vor.
Ein feines neues Jahr/Jahrzehnt, alles Liebe und hoch die Sektkelche
Petra
Diese 20 Jahre sind megaschnell vergangen und wir haben jetzt ein so anderes Lebensgefühl. Die Welt ist zusammengerückt, wir sind alle Touristen auf unserer Erde. Mal sehen, was sie weiter mit uns vorhat. So wie damals die Angst vor dem Computersupergau wird jetzt auch Angst geschürt. Ich nehme daran nicht teil. Wir müssen so lebensfroh sein wie in unseren jungen Jahren und so bleben. Pessimismus führt nirgendwo hin. Habs fein im neuen Jahr! Hab schon lange nicht mehr vorbeigeschaut, aber ich mag es hier :-)
ReplyDeleteLiebe Grüße lass ich da
Elisabeth
Ah ja, richtig, Millennium! Tja, da war bei mir das Jahr drauf auch plötzlich alles anders.... lang ist's her. Meine Sprudel-Flasche ist auch schon eingekühlt und ich proste euch über die paar hundert unwesentlichen Kilometer hinweg zu! Auf ein gutes nächstes Jahr!
ReplyDeleteLiebe Freundinnen! Lassen wir es sprudeln!
ReplyDeleteIch will mehr so tolle Geschichten aus Deinem Leben haben! Wäre das möglich? Aus London, München oder sonstwo ;)
ReplyDeleteIch hab's übrigens sprudeln lassen ;) - ein Prosit auf 2020!
Und bitte gar nicht darüber nachdenken, das Bloggen irgendwann aufzuhören!!! Nur mal kurz so als vorauseilende Warnung geschickt ;)
70 Jahre Geschichten? O....K...
DeleteIch war damals mit meinem 11 Jahr altem Sohn im Garten meiner Eltern. Sie haben vom Fenster aus mein Feuerwerk bestaunt. Der Asteroid Myrna sollte nun die Erde zerstören, aber der Asteroid hat sich das in letzter Minute noch anders überlegt... Mein Sohn erinnert sich an gar nichts. Dies sind über lebensgroße Geschichten von uns allen ;)... ;)
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